Hier mal kurz meine Gedanken zum Streit Metall- vs. Kunststoff- vs. Glas- vs. Keramik- vs. Holz- vs. Feenstaub-Shaker.
Disclaimer: Ich bin mittlerweile zum Doktorand der Materialwissenschaften aufgestiegen, was mich zum Teil viele Nächte mit Gin & Tonic, Dark & Stormy und Sazeracs gekostet hat.
Der folgende Beitrag, in Form einer FAQ verfasst, sollte also physikalisch weitestgehend korrekt sein, dennoch auf Grund meiner "Missgunst" dieses Themas mit einem Augenzwinkern verstanden werden
Wie wird mein Drink eigentlich kalt?
Gehen wir von den üblichen Methoden aus, einen Drink zu kühlen aus: Shake, Stir, Build on Ice.
Die Kühlung kommt bei allen drei Arten durch die Zugabe von Wasser in festem Aggregatszustand - Eis - zustande.
Der im Allgemeinen als Idealfall betrachtete Zustand des Eises ist dabei "doppelt gefrostet", d.h. das Eis wird aus der Eismaschine, die üblicherweise bei etwas weniger als 0 °C arbeitet entnommen und in eine reguläre Tiefkühleinheit gegeben, also ca. -18 °C.
Dies sorgt dafür, dass zwei Effekte für die Kühlung sorgen:
[li]Das Erwärmen des Eises von -18 °C auf 0 °C.[/li]
[li]Das Schmelzen des Eises bei 0 °C.[/li]
Für viele dürfte es dabei zunächst nicht ersichtlich sein, dass das reine Schmelzen, also das "Umwandeln" von fest zu flüssig, für Kühlung sorgt. Dabei kommt es für mich dadurch aber zu einem relativ spannenden Ergebnis.
Das Kühlen ist streng genommen eigentlich folgendes: Der Drink gibt seine thermische Energie an das Eis ab um dieses zu Erwärmen, da idealerweise beides die gleiche Temperatur annimmt um in thermischen Gleichgewicht zu sein.
Die Energie, die der Drink abgibt, um einen Eiswürfel (3x3x3 cm) von -18 °C auf 0 °C zu erwärmen beträgt grob
900 Joule
während die Energie um den Eiswürfel bei 0 °C von fest zu flüssig zu bringen
8300 Joule
beträgt.
Das heißt im Klartext: ca. 90 % der Kühlung des Drinks kommen durch die Erzeugung vom - haltet euch fest - Schmelzwasser zustande.
Ist das nicht Wahnsinn? das bedeutet ja quasi Kühlung = Schmelzwasser.
Das wird noch dadurch verstärkt, dass so gut wie alle Kühlung an der Oberfläche des Eises statt findet, an der bösen Oberfläche also, die wir doch eigentlich durch die Verwendung durch Eiskugeln vermindern wollen!
Spoiler: Um den Drink kühl zu halten ist das noch immer ein durchaus angebrachter Gedanke
Jetzt weiß ich zwar, wie der Drink kalt wird, aber was hat der Shaker damit zu tun?
Der Shaker zuallererst mal ein Gefäß, in dem sich die Flüssigkeiten in Kombination mit dem Eis gut schütteln lassen. Es ist also alles ständig in Bewegung. Alles kommt an alle Ecken und Enden. Dieser Gedanke ist für später wichtig, also merken!
Der Shaker stellt auch die Schnittstelle zwischen der heilen Welt des Drink-Eis-Luft-Gemisches mit der bösen warmen Außenwelt - Luft in Umgebungstemperatur und vor allem (warme) Hände - dar. Wir haben also ein kaltes Inneres und ein warmes Äußeres. Idealerweise will man ja nicht, dass das warme von außen nach innen kommt, oder?
Hier kommt das Material des Shakers in's Spiel: Um so besser die Wärmeleitfähigkeit des Shaker-Materials ist, umso besser kann die böse Wärme von außen in das Innere des Shakers gelangen.
Metall hat eine besonders gute Wärmeleitfähigkeit, d.h. es wäre unter dem Gesichtspunkt einen möglichst kalten Drink zu bekommen, sogar die schlechtere Alternative gegenüber Glas und Kunststoff.
Das kann nicht sein! Der Shaker aus Metall fühlt sich so viel kälter an als der aus Glas!?
Es ist eine Fehlannahme zu denken, dass deshalb auch der Inhalt kälter ist! Nur, weil sich etwas kalt anfühlt, heißt es nicht, dass das Innere auch kälter ist!
Denkt an eine Thermoskanne. Die Wärme wird isoliert und dringt nicht nach außen, bleibt also innen.
Analogie Shaker: Wenn sich der Shaker außen kalt anfühlt, dringt also die Kälte von innen nach außen. Das ist BÖSE! Pfui!
Ok, aber durch die bessere Wärmeleitfähigkeit verteilt sich die Kälte besser - der berüchtigte Metallkontakt!?
Aber wir shaken doch und alles berührt alles und wird sowieso durch die Gegend geschleudert wie blöd. Das hilft also nicht, sondern schadet eher weil die Wärme von außen noch besser in das Innere des Shakers gelangen kann.
Was soll ich also tun?
Ganz ehrlich? Nimm den Shaker, mit dem du dich am wohlsten fühlst. Die Effekte von denen wir hier reden sind nicht signifikant meiner Meinung nach und spielen sich eher im Placebo-Bereich ab. Was schert es mich, wenn der Drink ein Grad kälter oder wärmer ist. Hauptsache er schmeckt.
TL;DR
Nehmt den Shaker eures Vertrauens, macht euch einen Drink, und genießt ihn. Seid keine Shaker-Rassisten. Mehr trinken, weniger Shaker-Wahnsinn
Edit: Rechtschreibung
Edit 2: Formulierungen eindeutiger gemacht
Edit 3: I forgot how to German